Hast du gerade einen geliebten Menschen verloren, der dir sehr viel bedeutet hat? Der Verlust hat dir den Boden unter den Füßen weggezogen und ein Loch in dein Leben gerissen.
Du fühlst nur noch Trauer, Leere, Schmerz und funktionierst einfach nur noch. Wie überwältigend es sich anfühlt, einen geliebten Menschen zu verlieren, weiß ich aus eigener Erfahrung.
In diesem Artikel zeige ich dir, was dir helfen kann, deine Trauer zu bewältigen und zu verarbeiten. Damit du in kleinen Schritten wieder Lebensmut findest und mehr Leichtigkeit in dein Leben zurückkehrt.

Trauer ist ein Ausnahmezustand
Trauer ist eine emotionale Reaktion auf den Verlust von etwas, das dir wichtig ist. Sie ist eine normale und notwendige Reaktion, in der du versuchst, dein Leben daran anzupassen, ohne das zu leben, was du gerade verloren hast.
Sie wird durch den Tod eines geliebten Menschen, eines Tieres, aber auch durch das Ende einer Beziehung oder den Verlust des Arbeitsplatzes, die Diagnose einer unheilbaren Krankheit … ausgelöst. Trauer versetzt uns in einen Ausnahmezustand.
Das Gehirn schaltet auf den Notfallmodus. Indem es nur zwei Möglichkeiten gibt. Angriff oder Flucht und Rückzug.
Trauercharaktere
Es gibt den Charakter, der ist aktiv, handelt und erledigt alles, was es zu tun gibt. Diese Menschen befinden sich im Angriffsmodus.
Sie kümmern sich um die Beerdigung, regeln alles, arbeiten noch mehr als zuvor, kümmern sich um die Kinder, die Tiere und den Haushalt. Sie funktionieren. Auch versuchen sie andere zu trösten, obwohl sie doch selbst vom Tod des geliebten Menschen so sehr betroffen sind.
Der andere Charakter ist der, der sich zurückzieht und der vielleicht sogar ganz erstarrt. Diese Menschen befinden sich im Flucht- und Rückzugmodus.
Sie wollen gar keinen Kontakt und wollen keinen anderen Menschen mehr sehen. Selbst freundliche und zugewandte Worte werden nicht positiv aufgenommen.
Für die Mitmenschen wird es schwer an diese Menschen heranzukommen und sie wissen nicht, wie sie mit diesen Trauernden umgehen sollen. Diese Menschen, die sich im Flucht- und Rückzugmodus befinden, haben es in unserer Gesellschaft schwer. Denn die will, dass wir funktionieren und handeln, dass wir aktiv sind.
Tun wir dies nicht und funktionieren nicht, dann kann dies schnell zu einem sozialen Problem werden. Die Gefahr der Isolation Trauernder in der Gesellschaft nimmt ständig zu.1
Trauernde tragen immer beide Charaktere in sich.
Zu einem Zeitpunkt sind wir die Aktiven und zu einem anderen Zeitpunkt sind wir die Flüchtenden, die plötzlich den Rückzug antreten und die keinerlei Kontakt möchten.
Diese beiden Charaktere finden wir in jedem Trauerprozess. Deshalb ist es wichtig, dass du weißt, dass aktiv sein und Handeln richtig und gut sein kann. Es kann jedoch auch sein, dass ein blindes Handeln stattfindet, damit wir uns nicht mit der Trauer beschäftigen müssen.
Das gilt auch für den Rückzug. Es kann sein, dass es gut und gesund ist, wenn wir uns zurückziehen. Es kann jedoch auch sein, dass wir uns zurückziehen, weil wir in eine innere Starre fallen.
Deshalb ist es wichtig, dass du verstehst, in welchem Modus du dich gerade befindest.
Denn oft wissen wir selbst gar nicht mehr, was mit uns los ist. Wir haben das Gefühl, wir drehen durch. Wir wissen nicht mehr, was wir machen sollen.
Es kann dir helfen, wenn du weißt, dass du dich gerade im Angriffs- oder im Fluchtmodus befindest.
Du darfst dich dann so annehmen, wie es gerade ist und kannst deine Trauerphasen durchlaufen.
Die Phasen der Trauer
Trauer will nicht ignoriert werden. Sie zeigt uns, dass etwas Wichtiges zu Ende gegangen ist. Deshalb ist es wichtig, sich die Trauer genauer anzuschauen. Ihr Raum und Zeit zu geben. Zumal sie uns zumeist völlig unvorbereitet trifft. Denn wir lernen weder im Elternhaus noch in der Schule, mit Trauer umzugehen. Wir müssen uns dieses Wissen selbst aneignen.
In der Trauer sind wir immer allein und befinden uns in einem Ausnahmezustand. Dies kann nur jemand verstehen, der diesen Prozess bereits einmal durchlebt hat.
Um sich selbst zu helfen oder auch um andere trauernde Menschen besser zu verstehen und in ihrer Trauerphase unterstützen zu können, ist es hilfreich mehr über die Trauer und ihre Phasen zu wissen.
Lernen, die Trauer zu verstehen
Psychologen, Psychiater und Trauerforscher haben verschiedene Modelle entwickelt, die zeigen, welche Phasen Trauernde in ihrem Trauerprozess durchlaufen.
Trauer ist ein aktiver Prozess, in dem verschiedene Aufgaben zu bewältigen sind. Aus dieser Erkenntnis entwickelte der Trauerforscher William Worden sein Modell.
Das Traueraufgabenmodell nach William Worden
Doch wie bei allen Erklärungsmodellen gilt auch hier, dass die einzelnen Aufgaben nicht ordentlich nacheinander abgearbeitet werden müssen. Diese sind miteinander verknüpft und wechseln ohne erkennbare Reihenfolge. Dabei haben die Erkenntnisse und die Bewältigungen in einer Aufgabe Auswirkungen auf die anderen.
1. Aufgabe – Verlust akzeptieren
Zumeist trifft uns der Tod eines geliebten Menschen völlig unvorbereitet. Auch bei einem Tod im hohen Lebensalter oder einem längeren Sterbeprozess eines kranken Menschen ist die Verneinung des Verlustes normal.
Selbst nach Wochen besteht insgeheim noch die Hoffnung auf die Rückkehr des Toten.
Die Voraussetzung für jeden Trauerprozess ist jedoch die schrittweise Realisierung und die Akzeptanz des Verlustes.
Der Abschied vom Verstorbenen ist dabei hilfreich. Den toten Körper zu sehen und diesen zu berühren verdeutlichen, dass dieser Mensch nicht mehr zurückkehren wird.
War ein Abschied nicht möglich, können Rituale wie die Bestattung, das Niederschreiben von Gefühlen und Ungesagtem in Form von Tagebüchern helfen, den Verlust begreifbar zu machen.
Besonders im ersten Trauerjahr, in dem besondere Tage, wie Geburtstage, Feiertage, Todestage das erste Mal ohne die verstorbene Person stattfinden müssen, helfen dabei, den Verlust zu realisieren.
Das heißt nicht, den Verlust gutzuheißen, vielmehr geht es darum, sich der Wirklichkeit zu stellen und zu akzeptieren, dass der geliebte Mensch tot ist und nicht mehr zurückkehren wird.
2. Aufgabe – Schmerz verarbeiten
Der Verlust eines geliebten Menschen löst einen tiefen Schmerz aus, der die unterschiedlichsten Gefühle auslöst, die den Trauerprozess begleiten. Darunter sind Angst, Wut, Verzweiflung, Einsamkeit, Sehnsucht, Schuld, Liebe, Leere, Ohnmacht und Dankbarkeit.
Diese Emotionen drücken sich häufig auch in körperlichen und seelischen Beschwerden, wie zum Beispiel Appetitmangel, Bauch-, Herz-, Brust- und Halsschmerzen sowie in Schlafstörungen aus.
Der Schmerz wird von vielen Faktoren beeinflusst und wird unterschiedlich erlebt. Dieser Schmerz muss, unabhängig von seiner Intensität, anerkannt und durchlebt werden.
Es kann hilfreich sein, sich auch einmal von seinem Kummer abzulenken und aufmuntern zu lassen. Was voraussetzt, dass du dies zulässt, um nicht in deinem Kummer zu versinken.
3. Aufgabe – Anpassung an eine Welt ohne die verstorbene Person
Zu Beginn des Trauerprozesses überblicken wir noch nicht, was wir alles mit dem Verstorbenen verloren haben.
Doch mit der Zeit wird deutlich, worin die Rollen der verstorbenen Person bestanden. In einer Partnerschaft sind das unter anderem der Fels in der Brandung, der beste Freund, der Finanzminister, der Koch, der Sexualpartner.
Die Erkenntnis, dass wir nunmehr mit einer Vielzahl an Aufgaben allein dastehen, führt anfangs meist zur völligen Überforderung.
Jetzt muss der Trauernde neue Fertigkeiten erlernen und Rollen übernehmen, die zuvor der Verstorbene übernommen hat. Im Trauerprozess müssen so zusätzliche Anstrengungen gemeistert werden.
Doch es bieten sich auch neue Chancen und Lebensmöglichkeiten.
Wir können neue Seiten an uns entdecken und uns weiterentwickeln. Auch können uns Lebensaufgaben gelingen, die wir uns vor dem Verlust niemals zugetraut hätten. Hierdurch können wir ein neues und stärkeres Selbstbewusstsein entwickeln.
4. Aufgabe – Aufbruch in ein neues Leben finden und eine dauerhafte Verbindung zur verstorbenen Person halten
In dieser Aufgabe liegen zwei Aspekte. Zum einen brauchen wir die Gelegenheit, uns zu erinnern und die verstorbene Person in uns bewahren zu können. Doch andererseits verbirgt sich in dieser Aufgabe auch der Aufruf dazu, in ein neues Leben aufzubrechen.
Auch, wenn wir den geliebten Menschen verloren haben, können wir Erinnerungen, Gefühle, Gedanken, gemeinsame Erlebnisse und Inspirationen aktiv in ein neues Lebensmuster einbeziehen.
Indem wir der verstorbenen Person einen Platz geben und Formen des Erinnerns finden, mit denen wir selbst weiterleben können.
Neben dem Platz in unseren Herzen gibt es vielfältige und hilfreiche Möglichkeiten, um eine neue Form der Verbindung zur verstorbenen Person zu finden. Für viele Trauernde ist der Friedhof ein Ort, sich der verstorbenen Person nahezu fühlen. Für andere sind es Fotos oder andere Erinnerungsgegenstände oder auch eigene Rituale, die es uns ermöglichen, der verstorbenen Person einen Platz zu geben, um selbst weiterleben zu können.

Das Trauerphasen-Modell nach Verena Kast
Ein weiteres Modell entwickelte die Schweizer Psychologin Verena Kast. Es gilt als eine der wichtigsten Grundlagen für das Verständnis von Trauerprozessen und umfasst vier Trauerphasen.
Jedes prozesshafte Ereignis kennzeichnet sich durch einen klaren Beginn und ein klares Ende. Der Verlust der geliebten Person ist der Beginn des Trauerprozesses.
Jeder Trauerprozess ist individuell. Es ist ganz unterschiedlich, wie lange das Trauergeschehen dauert und auch die Dauer der einzelnen Trauerphasen variiert von Mensch zu Mensch.
Zudem wird die Art und die Dauer des Trauerprozesses durch die Persönlichkeit des Trauernden, die Beziehung zur verstorbenen Person sowie durch die Umstände des Todes bestimmt.
Das Ende des Trauerprozesses wird durch die Neuorientierung des Lebensgefüges gesehen.
Phase 1 – Nicht-Wahrhaben-Wollen
Jeder Tod hat etwas Überwältigendes und schockiert. Sogar dann, wenn der Tod nicht unerwartet kommt.
Plötzlich ist alles anders. Die Trauernden wollen und können es nicht glauben, sie leugnen es ab, da das Geschehene einfach noch nicht erfasst werden kann.
Viele Betroffene sind wie erstarrt, apathisch und verstört. Sie fühlen sich hilflos, verzweifelt und sind ratlos. Wieder andere brechen zusammen oder geraten außer Kontrolle.
Diese Phase kann mehrere Stunden bis hin zu mehreren Wochen anhalten, vor allem bei einem plötzlichen und unerwartet eingetretenen Todesfall.
Mögliche Hilfen für die Trauernden in dieser 1. Phase
- Mitgefühl und Verständnis vermitteln.
- Da-Sein, ohne viel zu fragen.
- Trauernde nicht allein lassen.
- Trauernde bei der Bewältigung der Aufgaben, die im Kontext des Todesfalles stehen, unterstützen, wenn sie damit überfordert sind.
- Alltägliche Besorgungen übernehmen.
- Gefühle der Trauernden zulassen und scheinbare Empfindungslosigkeit, Starre oder das Fehlen von Tränen aushalten.
Phase 2 – Aufbrechende Emotionen
In dieser Phase bahnen sich Gefühle wie Angst, Leid, Schmerz, Wut, Zorn und Traurigkeit ihren Weg.
Die je nach der Persönlichkeitsstruktur variieren. Manche Trauernde schreien ihren Schmerz heraus. Wut und Zorn entstehen gegen Gott und die Welt, gegen die verstorbene Person, aber auch gegen sich selbst. Es können Schuldgefühle entstehen, die den Trauernden stark belasten und quälen können.
Alle diese Emotionen, die in dieser Phase hereinbrechen, sollten nicht unterdrückt werden. Sie helfen dem Trauernden, den Schmerz zu verarbeiten.
Die Unterdrückung dieser Gefühle führt nicht selten zu Schwermut und zu Depressionen.
Die Dauer dieser zweiten Phase lässt sich schwer abschätzen. Hier wird von einigen Wochen bis hin zu mehreren Monaten gesprochen.
Mögliche Hilfen für die Trauernden in dieser 2. Phase
- Da-sein, Zuhören und eigene „Geschichten“ zurückhalten.
- Keine wertenden Stellungnahmen oder Interpretationen abgeben.
- Am Erinnern und Erleben des Trauernden Anteil nehmen.
- Gefühlsausbrüche zulassen. Diese können für die Trauernden heilsam sein.
- Ausbrüche von Wut und Zorn, Niedergeschlagenheit sowie depressive Verstimmungen gehören zum Vorgang des Trauerns dazu.
- Probleme aussprechen lassen.
- Nicht von ungelösten Problemen, Konflikten oder Schuld ablenken. Da das Ablenken nur das Verdrängen fördert. Dies kann zu einer Verzögerung des Trauerprozesses führen.
- Schuldgefühle nicht bekräftigen, aber auch nicht ausreden. Schlicht zur Kenntnis nehmen.
- Anregungen für alltägliche Hilfen geben. Wie zum Beispiel spazieren gehen, Musikhören, Malen, Entspannungsübungen, Meditationen, Tagebuch schreiben *, Bäder, Sport …
Phase 3 – Suchen und Sich-Trennen
Wir reagieren auf jeden Verlust mit Suchen. Doch was suchen wir in der Trauer?
Wir suchen den wirklichen Menschen, den wir verloren haben. Das gemeinsame Leben und die Orte mit Erinnerungswert. In anderen Gesichtern suchen wir nach Gesichtszügen der geliebten Person. Oft werden sogar Gewohnheiten des Verstorbenen übernommen.
Durch innere Zwiegespräche kann eine Klärung offener Punkte möglich werden und Rat kann eingeholt werden.
Während des Prozesses des intensiven Suchens, Findens und Wieder-Trennens kommt irgendwann der Augenblick, indem der Trauernde eine innere Entscheidung trifft. Die Entscheidung, wieder ja zum Leben und zum Weiterleben zu sagen. Oder aber in der Trauer zu verharren.
Die Trennung vom geliebten Toten kann leichter fallen, je mehr Dinge gefunden werden, die weitergegeben werden können.
Das Suchen kann die Trauernden aber oft auch in eine tiefe Verzweiflung führen. Selbstmordgedanken treten in dieser Phase häufig auf.
Diese dritte Phase kann Wochen, Monate aber auch Jahre andauern.
Mögliche Hilfen für die Trauernden in dieser 3. Phase
- Geduld. Dem Trauenden Zeit und Raum geben.
- Annehmen und akzeptieren, dass immer wieder in den verschiedensten Formen gesucht wird.
- Zuhören, auch dann, wenn man die Geschichte schon kennt oder bereits mehrfach gehört hat.
- Alle Erinnerungen und Erlebnisse der Vergangenheit dürfen ausgesprochen werden.
- Gefühle ernst nehmen, die durch Erzählungen und Erinnerungen wieder auftauchen.
- Bei Äußerungen von Selbstmordgedanken den Trauernden konstant begleiten und zur Seite stehen. Auf Unterstützung durch einen Psychotherapeuten oder Trauerbegleiter hinweisen und bei der Suche unterstützen.
- Kein Drängen darauf, dass der Verlust akzeptiert wird.
- Unterstützung bei der Suche nach Ansätzen zur Neuorientierung.
Phase 4 – Neuer Selbst- und Weltbezug
Wenn es dem Trauernden möglich war, seinen Schmerz herauszuschreien. Anklagen und Vorwürfe zugelassen wurden, kehrt langsam Frieden und innere Ruhe ein. Der Tote hat seinen Platz gefunden.
Allmählich erkennt der Trauernde, dass das Leben weitergeht und dass er dafür selbst verantwortlich ist.
Und es kommt die Zeit, in der wieder neue Pläne geschmiedet werden.
Doch der Trauerprozess hinterlässt Spuren und führt oft dazu, dass sich die Einstellung zum Leben völlig verändert.
Der geliebte Verstorbene bleibt ein Teil seines Lebens und lebt in seinen Erinnerungen und im Gedenken weiter.
Mögliche Hilfen für die Trauernden in dieser 4. Phase
- Neues annehmen und akzeptieren.
- Veränderungen im Beziehungsnetz des Trauernden annehmen und unterstützen.
- Akzeptieren, dass man als Trauerbegleitung nicht mehr so gebraucht wird.
- Gemeinsame Wege und Formen suchen, die Trauerbegleitung behutsam umzugestalten oder zu beenden.
- Für Rückfälle sensibel bleiben.
Wo du Hilfe finden kannst
Doch was, wenn die Hilfe seitens der Familie und der engen Freunde nicht ausreicht und du zusätzliche Unterstützung brauchst.
Es gibt vielfältige Angebote und Möglichkeiten, in denen du Unterstützung finden kannst.
Anlaufstellen für Trauernde sind
- Selbsthilfegruppen, die Trauergruppen oder Trauercafés anbieten. Auf „Trauergruppe.de“ findest du ein deutschlandweites Verzeichnis. Auch gibt es spezielle Portale wie „verwitwet.de“ und andere, die als Anlaufstelle dienlich sein können.
- Psychotherapeuten. Beim „Patientenservice 116117“ erhältst du Informationen rund um die Psychotherapie. Hier kannst du auch Psychotherapeuten in deiner Nähe suchen und dich bei der Vermittlung von Terminen unterstützen lassen.
- Wohlfahrtsverbände oder kirchliche Einrichtungen.
- Hospizeinrichtungen.
- Geschulte Trauerbegleiter. Zertifizierte Trauerbegleiter findest du beim „Bundesverband Trauerbegleitung„.
- Die „Telefonseelsorge“ der evangelischen und katholischen Kirche steht dir bundesweit unter der kostenfreien Rufnummer 0800 – 11 10 111 oder 0800 – 11 10 222 rund um die Uhr zur telefonischen Beratung sowie im Austausch per Chat und Mail zur Seite.
Trauer und Multiple Sklerose (MS)
Für MS-Betroffene kann ein Todesfall ein möglicher Auslöser für einen MS-Schub sein.
Auch der anhaltende emotionale und psychische Stress, der mit einer Todesnachricht und der dann folgenden Trauerphase einsetzt, ist Auslöser und kann dazu führen, dass sich bestehende Symptome verschlimmern oder neue Symptome auftreten.
Jeder MS-Betroffene weiß, dass er extreme Situationen, die den Stress auslösen, vermeiden sollte. Da Stress die entzündlichen Prozesse im Körper befeuert.
Doch es gibt Situationen, die wir uns nicht aussuchen können. Umso wichtiger ist es deshalb, dass sich die MS-Betroffenen in solchen Ausnahmezuständen gut um sich selbst kümmern und sie sich helfen lassen.
Im Artikel „Was ist ein MS-Schub? Anzeichen, Auslöser, Behandlung, Pseudo-Schub“ findest du weitere ausführliche und hilfreiche Informationen. Damit du weißt, wie du in solch‘ einem Fall für dein Wohlbefinden und deine Gesundheit richtig handeln kannst.
Meine Erfahrungen mit Trauer
In den Jahren 2014 bis 2022 musste ich von fünf geliebten Menschen und zwei geliebten Katzen Abschied nehmen.
Das Jahr 2022 stellt für mich das anstrengendste Jahr des Abschiednehmens dar.
Am 10. Januar begleitete ich meine 87-jährige Mutter beim Sterben. Es war ein sehr intensiver Sterbeprozess, da sie sich schwertat, vom Leben loszulassen.
Bei mir löste dieser Kampf einen MS-Schub aus, der mir körperlich und mental sehr zusetzte. Erst im Sommer ging es mir langsam wieder besser und ich atmete etwas auf. Es ist doch ein arger Verlust, die Mutter zu verlieren.
Doch am 10. August wurde mir der Boden vollends unter den Füßen weggezogen.
Ich fand morgens um 6.00 Uhr meinen toten Mann, der in der Nacht vom 09. auf den 10. August verstarb, im Bett vor. Plötzlich und völlig unerwartet. Mindestens 20 Jahre zu früh. Er war erst 63 Jahre alt.
Mein Körper reagierte sofort und löste einen der heftigsten MS-Schübe aus, die ich bislang erlebt habe.
Meine linke Körperhälfte war gelähmt. Ich konnte kaum mehr gehen, da ich meinen Fuß nicht mehr anheben konnte. Mein Körper schmerzte und ich fühlte mich wie durch die Mangel gedreht.
Die MS schlug richtig zu und zeigte sich mir in voller Bandbreite, ihr Repertoire an Symptomen. Darunter unter anderem auch Fatigue und Depressionen.
Mein Versuch Hilfe durch meinen Neurologen zu erhalten scheiterte, da sich dieser gerade im wohlverdienten Sommerurlaub befand und keiner seiner Kollegen sich meines Vorfalles annehmen wollte oder konnte.
Ein Glück habe ich eine Top-Hausärztin, die mir sofort umfangreiche und unkomplizierte Hilfe leistete. Vor allem zeigte sie Empathie, die ich bei den bislang behandelnden Neurologen stets vermisse.
Zum Thema „Zu geringe Empathie der Ärzte“ werde ich zu gegebener Zeit einen separaten Artikel verfassen.
Aufgrund meiner vorangegangenen Trauer-Erfahrungen habe ich mich intensiv mit dem Thema Trauer beschäftigt.
So gelingt es mir jetzt auch diesen, für mich schlimmsten Trauerfall, zu bewältigen und die oben beschriebenen Trauerphasen zu durchleben.
Es fällt mir schwer, denn ich war 31 Jahre mit Hans verheiratet. Das ist die Hälfte meines Lebens. Er war die Liebe meines Lebens, der Vater unserer Tochter, mein Freund und mein Seelenpartner. Ich vermisse ihn sehr. Er ist für immer in meinem Herzen, bis mein Vorhang fällt.
Was mir in Trauerphasen hilft
Zum einen das Vertrauen darauf, dass mein Leben weitergeht, wenn es mir auch noch so schwerfällt und ich das ein oder andere Mal in ein tiefes dunkles Loch fiel.
Ich habe es jedes Mal geschafft, wieder aus eigener Kraft aus dem tiefen Tal emporzuklimmen. Und das ohne die üblichen Medikamente, die die Mediziner in solchen Fällen gerne und schnell mal eben per Rezept, verordnen (Antidepressiva und Beruhigungsmittel).
Dabei ist es gerade in der Trauerphase so gefährlich, da trauernde Menschen besonders sucht anfällig sind.
Nicht selten denken Trauernde, dass das Trinken von Alkohol ihnen Erleichterung verschaffen kann und sie geraten, ohne es zu wollen, in eine Alkoholabhängigkeit, die ihr Leid nur mehr verschlimmert.
Wirkliche Linderung des Leids erfahren Trauernde jedoch durch die oben bereits beschrieben möglichen Vorschläge und Hilfestellungen.
Was ich selbst zur Linderung meines Leids und zur Bewältigung der Trauerphase einsetze.
- Bewegung in der Natur. Täglich zwei Sparziergänge mit meinem Hund Lasse. Obwohl ich seit zwei Monaten stark gehbehindert bin, lege ich täglich 3 bis 5 km Wegstrecke zurück. Es ist anstrengend, doch die Bewegung, noch dazu an der frischen Luft und in der Sonne tut mir gut.
- Yoga und Meditation. Besonders die tägliche Meditation und das Anhören meditativer Musik hilft mir dabei, meinen Körper zu entspannen. Nebenbei trinke ich beruhigende Tees und glimme Räucherstäbchen ab.
- Nachdem ich anfänglich unter Appetitlosigkeit litt und innerhalb von einer Woche vier Kilogramm verlor, ist es mir jetzt wieder möglich zu essen. Ich ernähre mich jetzt wieder regelmäßig und antientzündlich. Ganz so, wie ich es in meinem 5-Schritte-Lebensstil-Programm beschreibe. Es tut mir gut und ich habe wieder ein Gewicht erreicht, dass nicht mehr im kritischen Untergewicht-Bereich liegt.
- Am ausreichenden und erholsamen Schlaf arbeite ich noch. Doch ich bin zuversichtlich, dass ich auch dieses Problem über kurz oder lang in den Griff bekommen werde.
- Durch die vielfältigen zu bewältigenden Aufgaben, die nach einem Todesfall zu bewerkstelligen sind, habe ich es versäumt, meine routinemäßige Blutuntersuchung durchführen zu lassen. Insbesondere meinen Vitamin-D-Status zu überprüfen. Deshalb habe ich kurzerhand einen „Vitamin-D-Home-Test“ * durchgeführt. Obwohl ich in den Sommermonaten täglich 5.000 IE Vitamin D plus Cofaktoren zu mir genommen und täglich Sonnenlicht konsumiert habe, liegt mein Wert nur bei 22 ng/ml. Uwe Gröber & Michael Holick interpretieren diesen Wert als „mäßigen Vitamin-D-Mangel“. Jetzt nehme ich wieder täglich 10.000 IE Vitamin ein. Mehr Informationen über Vitamin D findest du in meinem Vitamin-D-Artikel.
- Ich schreibe mir meinen Kummer von der Seele. Dazu nutze ich gerne Trauer-Tagebücher, denn das Niederschreiben mit Stift – anstelle des Computers – verleiht dieser Arbeit ihren wertvollen Aspekt. Da wir durch das Schreiben mit der Hand mehrere Sinne ansprechen. So können die niedergeschriebenen Informationen später wieder besser abgerufen und im Gedächtnis verankert werden. Eines der schönsten Trauer-Tagebücher, das ich bislang benutzt habe, ist das „Kreativbuch für meine Trauer“ * von Jennifer Otte, das bereits in der 5. Auflage in einer New Edition erschienen ist. Es lädt dazu ein, der eigenen Trauer Ausdruck zu verleihen.
- Auch versuche ich, mir einmal am Tag etwas Gutes zu tun. Sei das, einen leckeren Tee nach einem Spaziergang mit Lasse zu trinken und dabei im Garten sitzend die Sonnenstrahlen einzufangen. Einige Seiten in einem Buch zu lesen. Mich um meine Pflanzenkübel im Garten zu kümmern und dabei die Schönheit und die Geräusche der Natur wahrzunehmen oder ein angenehmes basisches Fuß- oder Vollbad * zu genießen.
- Die regelmäßigen Physiotherapie-Sitzungen (KG-ZNS) tragen dazu bei, dass die durch den Schock ausgelösten MS-Symptome der Gehbehinderung und Gangunsicherheit gemildert werden. Wir arbeiten zuversichtlich daran, dass diese gänzlich verschwinden.
- Auch der Austausch mit meiner Familie, allen voran meine Tochter und mein Schwiegersohn, helfen mir bei der Trauerbewältigung. Meine beste Freundin Daggi hat stets ein offenes Ohr für mich. Sie ist, wie meine Tochter, eine gute Zuhörerin, die mir unvoreingenommen Raum und Zeit, für meine Gefühle geben, sodass ich bislang keine professionelle Hilfe durch einen Trauerbegleiter, Psychotherapeuten oder eine Selbsthilfegruppe brauchte.
- Es tut auch gut, zu wissen, dass ich nicht allein bin. Dass ich Hilfe erhalte, wenn ich Hilfe benötige. Die mir auch von anderen Freunden und Nachbarn vielfältig angeboten wurde – und auf die ich dankbar zurückgreife, wenn es erforderlich ist.
So gibt es viele kleine alltägliche „Gut-Tu-Dinge“. Wohlfühlmomente, die wir wieder in unseren Alltag integrieren können. Denn es ist vollkommen in Ordnung, dass wir uns etwas Gutes tun und Selbstfürsorge tragen, auch oder gerade weil wir in Trauer sind.
Solch‘ kleine Wohlfühlmomente und Hilfe von Außen anzunehmen, können dir dabei helfen, die Trauer besser zu verarbeiten und zu bewältigen, sodass du das Leben wieder als wertvoll und lebenswert wahrnehmen kannst. Und so dazu beitragen, dass du wieder Lebensmut findest und Leichtigkeit in dein Leben zurückkehrt.
In diesem Sinne wünsche ich dir, falls auch du dich gerade in einem Trauerprozess befindest, viel Kraft und Zuversicht.
Mögen dich meine Erfahrungen und Tipps dabei unterstützen, dass du deinen Trauerprozess in deiner Art und Zeit vollziehen kannst und du aus diesem Verlust – mit der Zeit – gestärkt hervorgehst.
Unheilbar optimistische und mitfühlende Grüße
Doris
Update Dezember 2022
Der Schmerz um den Verlust von Hans ist unerträglich. In den ersten Wochen dachte ich, dass ich es allein schaffe und keine professionelle Hilfe benötige.Doch über Wochen hinweg habe ich einfach nur noch funktioniert. Zwar habe ich versucht, mich gut um mich zu kümmern, wie oben beschrieben.
Jedoch habe ich meine quälenden Gefühle unbewusst unterdrückt. Nach der Veröffentlichung dieses Artikels trat ich den totalen Rückzug an und fiel in ein tiefes Loch der Leere, in dem ich versank.
Meine MS-Symptome, allen voran Depressionen, Erschöpfung (Fatigue), Schlafstörungen und kognitive Störungen, verschlimmerten sich zunehmend und eine unbändige Angst vor der Zukunft erdrückte mich mehr und mehr.
Herzrasen, Luftnot, Schweißausbrüche und Zittern treten aus heiterem Himmel auf und verstärken meine Ängste.
Mir ist alles zu viel. Es fällt mir schwer, meinen Alltag zu bewältigen. Auch mithilfe meiner Familie und Freunde sehe ich keine Chance aus meinem Tief herauszukommen.
Ende Oktober wusste ich, dass es so nicht weitergehen kann und dass ich es nicht allein schaffen werde. Ich gestand mir ein, dass ich professionelle Hilfe in Form einer »Psychotherapie« benötige.
Ein schwieriges Unterfangen. Denn einen freien Therapieplatz zu finden, war bislang schon nicht einfach. Diese leidvolle Erfahrung hatte ich schon einmal hinter mich gebracht.
Durch eine Reform der Psychotherapie-Richtlinien und durch die Pandemie wurde der bereits bestehende Versorgungsengpass für Betroffene noch verschärft.
Die Wartezeiten betragen zumeist mehrere Wochen bis Monate. Was für Betroffene einer psychischen Erkrankung viel zu lang und wenig hilfreich ist.
Wie es mir gelungen ist, innerhalb weniger Wochen einen freien Therapieplatz zu finden, beschreibe ich im Artikel: Psychotherapie: Wie du schnell einen freien Therapieplatz findest.
Auch, wenn mich die Suche nach einem freien Therapieplatz nochmals viel Kraft gekostet hat. Es hat sich gelohnt.
Jetzt kann ich wieder mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Meine Trauer, die Depressionen und Ängste mit professioneller Hilfe angehen und bewältigen. Damit wieder mehr Leichtigkeit in mein Leben zurückkehren kann.
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